Kontes, rebell, orka, andi,

Stark verwurzelt mit der Telekommunikationshistorie in Deutschland ist ja das System/die Plattform KONTES mit den Anwendungen REBELL, ORKA, ANDI, was wohl noch länger als ISDN das Rückgrat der Telekommunikation in Deutschland gebildet hat.

Leider findet sich hier noch weniger als zur EWSD, es ist ja immerhin auch “nur” ein internes IT-System der Post bzw. Telekom. Es gibt ein wohl zu Schulungszwecken erstelltes Video in dem Peter Lustig (!) REBELL für Nicht-Techniker erklärt:

Ansonsten gibt es eine recht spärliche Wikipedia-Seite dazu:

Es hieß dazu immer wieder, dass die Telekom seit vielen Jahren das System ersetzen wollte, es aber so komplex sei, dass mehrere Dienstleister den Auftrag abgelehnt hätten. Im Wikipedia-Artikel steht mittlerweile, dass es ein Nachfolge-System gibt und KONTES zum 30. Juni 2022 außer Betrieb gegangen ist.

Sehr spannend auch der im Wikipedia-Artikel verlinkte Artikel aus der Computerwoche:
https://www.computerwoche.de/a/rechnungshof-kritisiert-kontes-vorhaben
Mein Lieblingsabsatz:

Die Experten des Rechnungshofs zweifeln also schlicht und einfach an, was ihnen von der Post als voraussichtliche Einsparung aufgetischt wird. Und für diesen Zweifel haben sie gleich noch einen weiteren Grund: Sie bemerkten nämlich, daß die Erfolgsprognosen der Postler “von einer unendlich langen Anwendung des Verfahrens” ausgehen - mit der Folge natürlich, daß “die jährlichen Entwicklungs- und Umstellungskosten in der Erfolgsprognose zu niedrig” angesetzt werden.

Mich würden jedwede Informationen zu dem System sehr interessieren, insbesondere auch, wer das System jetzt neu gebaut hat, mit welcher Technologie und wie man die offenbar großen Komplexitätshürden überwinden konnte. In irgendeinem Forum habe ich die Aussage finden können, dass “alles was Kabel angeht” (also wohl mitunter die Aufgaben von ORKA) jetzt von MEGAPLAN übernommen wird, also dem (grafischen) System, das zur Trassenplanung verwendet wird und wohl auch zur Planung von Mobilfunkstandorten, etc.
Aber auch Informationen zum Altsystem fände ich sehr spannend, das ist dann mehr retro :wink:

Vielleicht gibt es hier jemanden, der etwas dazu beitragen kann.

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Ich habe im Keller noch meine Seminar-Unterlagen vom REBELL-Grundlehrgang. REBELL gehört nicht zu KONTES, sondern ist ein eigenständiges System. Das Nachfolgesystem (eine Web-Anwendung, die aber die “alte” Datenbank von REBELL zum Teil noch nutzt), ist “Ausschau Online” oder kurz AO. REBELL lief - wie fast alle damaligen Datensysteme der Post - unter BS2000. Der Standort der Datenbank war damals Trier.
Ich habe mit beiden Systemen - REBELL und AO - im Bereich Störungsbearbeitung für Festnetz und Mobilfunk gearbeitet. Falls du Fragen dazu hast, frag einfach.

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Stimmt, das hatte ich falsch im Kopf.

Interessant, dass man sich da für einen derart deutschen Namen entschieden hat (was ich aber durchaus begrüße).
Ist zu dem aktuellen Technologiestack was bekannt und was heißt “alte Datenbank”? Wird das alte Datenbankschema weiterverwendet bzw. oder gibt es doch (noch) einen allein stehenden Datenbank-Server auf dem Teile der Daten weiter gepflegt werden?
Wer hat das System letztlich gebaut?
Lt. Wikipedia war wohl zumindest KONTES sehr komplex sodass es mehrere Anläufe gab, es zu modernisieren. War das bei REBELL ähnlich schwierig?

Nochmal interessant, denn lt. Wikipedia lief zumindest KONTES ja auf OS/390, ich denke die Maschinen konnten kein BS2000?
In dem Video mit Peter Lustig zumindest ist allerdings viel Siemens zu sehen, sofern das die tatsächlichen Maschinen sind.

Das alte Datenbankschema wird m.W. weiterverwendet und für neue Übertragungstechnik mit neuen Feldern entsprechend erweitert. REBELL kannte z.B. keine WDM Technik.

Keine Ahnung. Der gesamte Server-Betrieb liegt ja inzwischen bei der T-Systems und ich weiß nicht, welche Technik in deren RZ aktuell genutzt wird.
Für Ausschau Online hatte ich auch nie eine Schulung. Es hieß nur: “Du kannst REBELL? Dann kommst Du mit AO auch zurecht. Und als Fault Management Mobilfunk hast Du nur einen “Nur Lesen” Zugriff.”
Und der Rest war halt “Learning by doing”. Die GUI von AO st aber auch, im Gegensatz zu REBELL mit seinen zig Eingabemasken, sehr einfach, wenn man weiß, was man sucht.
Ich habe meine Seminar-Unterlagen zu REBELL wiedergefunden.
Ich hänge mal ein Bild von den ersten 3 Bildschirmmasken an, die man bei einem Leitungsausfall ausfüllen muss. Es folgen dann noch weitere Masken für die Ersatzschalte-Anforderung, die eventuelle Rückschaltung, usw. Bei Peter Lustig sieht das ja so einfach aus. :grinning:

Der Umstieg ging wohl recht schnell. Ich habe ihn gar nicht richtig mitbekommen. 2000 habe ich im Festnetz noch mit REBELL gearbeitet. Danach war ich Systemadministrator für Netzmanagementsysteme und als ich 2008 bei der T-Mobile anfing, gab es schon Ausschau Online.

KONTES lief auf IBM. Ich hatte im Festnetz mit Anwendungen zu tun, die Verbindungsdaten aus den DIVs zu KONTES übertragen haben. Die Anwendungen liefen unter MVS/TSO. Irgendwo liegen davon auch noch Schulungs-DVDs bei mir rum.

Das werden wohl die tatsächlichen Maschinen für REBELL gewesen sein. Wir hatten für REBELL auch Datensichtstationen (Dumme Terminals mit Graustufen-Bildschirmen) von Siemens im Büro.

Gut zu hören, oft ist es ja so, dass so eine erste Generation in enger Zusammenarbeit mit oder sogar unter Beteiligung von “Technikern” gebaut worden ist, und die Nachfolgegeneration dann oft von - salopp gesagt - Managern, denen fachlicher Einblick fehlte und wo Systeme dann am eigentlichen Bedarf vorbei entwickelt worden sind.

Ist es schlimm wenn ich das nicht unübersichtlich finde? :smiley:

Da würde ich gern einen Blick drauf werfen wenn das möglich ist :slight_smile:

REBELL und auch Ausschau Online wurden wohl nach den Vorgaben von Technikern gebaut. Beide Systeme sind sehr speziell auf die Bedürfnisse von DBP bzw. DTAG angepasst worden. Ausserhalb dieser “Anwendergruppen” wurden die Systeme wohl nie genutzt.

Nein, gar nicht. Mit REBELL konnte man sehr gut und schnell arbeiten, wenn man sich erstmal in das System eingearbeitet hatte.
Als Vermittlungstechniker musste ich mich nach der Zusammenlegung der Störungsbearbeitung von Vermittlungs- und Übertragungstechnik erstmal in die Arbeitsabläufe der Ü-Technik reinarbeiten. Wir hatten in unserer “V-Technik-Ecke” im Großraumbüro anfangs kein REBELL-Terminal, sondern mussten für jede Störung an Leitungen bzw. Ü-Technik, die wir in der V-Technik erkannt haben, zu den Kollegen in der “Ü-Technik-Ecke” im Büro gehen, um dort die Störung in REBELL anlegen zu lassen, falls noch keine existierte. Dort habe ich dann vermutlich zu viele (dumme) Fragen gestellt. Irgendwann kam deren Teamleiter zu mir und meinte: “Glückwunsch. Du hast eine Woche REBELL-Grundlagen-Seminar in Ismaning bei München gewonnen.” :grinning:
Danach bekamen wir unser eigenes REBELL-Terminal. Wir konnten mit unserer Kennung zwar keine neue Störung in REBELL anlegen, aber wir konnten nachschauen, ob es für den ausgefallenen Ü-Weg, der in der V-Technik signalisiert wurde, schon eine Störung in REBELL existierte und ob dafür eventuell auch schon eine Ersatzschaltung in Arbeit war. Das war eine große Arbeitserleichterung für uns V-Techniker.

Ich werde mich mal auf die Suche nach den CDs machen. Die liegen vermutlich auch in irgendeinem Karton im Keller.